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Bafin greift bei Warburg durch

Jan Willmroth 24. November 2019, 19:00 Uhr

Es klingt ganz nach einem freiwilligen Rückzug, der gerade an einer der feinsten Adressen Hamburgs bevorsteht. Ferdinandstraße 75, nahe Jungfernstieg, dort firmiert mit dem Bankhaus M.M. Warburg ein bedeutender Teil deutscher Bankierstradition. Dort haben Christian Olearius, 77, und Max Warburg die mehr als 200 Jahre alte Privatbank geprägt, lange als Geschäftsführer, zuletzt an der Spitze des Aufsichtsrats, stets als Mehrheitsgesellschafter. In wenigen Wochen ist ihre Zeit vorbei. Zum Jahresende, so ließ die Bank mitteilen, legen beide ihre Mandate nieder. Weil es der richtige Zeitpunkt sei, “den Generationenwechsel bei Warburg abzuschließen”.

Diesen Zeitpunkt haben sie aber nicht ganz freiwillig gewählt, sondern vor allem auf Druck der Bankenaufsicht. Olearius und Warburg sind zwei von mehreren Hundert Verdächtigen, gegen die Staatsanwälte in Köln seit Jahren wegen schwerer Steuerhinterziehung ermitteln. Bei steuergetriebenen Aktiengeschäften, die den Fiskus mehr als zehn Milliarden Euro kosteten, soll Warburg eine bedeutende Rolle gespielt haben. Olearius, Max Warburg und andere Bankmitarbeiter sollen dabei nach Auffassung der Finanzaufsicht Bafin gegen Vorschriften für die Führung von Banken verstoßen haben. Zu diesem Ergebnis kam die Wirtschaftsprüfungsfirma Deloitte schon im Frühjahr in einer Untersuchung im Auftrag der Behörde. Chefaufseher Olearius und sein Stellvertreter Warburg hatten keine Wahl mehr, so bestätigten mit den Vorgängen vertraute Personen: Entweder sie gehen von selbst, oder die Bafin würde zumindest Olearius die Eignung für sein Amt absprechen.

Die Bankeigentümer sollen sich bis zuletzt heftig gegen derlei gewehrt haben. Im April hatte der Strafverteidiger von Olearius betont, der Deloitte-Bericht enthalte keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Olearius “in strafrechtlich relevanter Weise” die betreffenden Aktiengeschäfte geduldet, angewiesen, ihnen zugestimmt oder sie genehmigt hätte. Der Anwalt von Max Warburg bescheinigte dem Bericht schwere Rechtsmängel. An den Positionen habe sich in der Zwischenzeit nichts geändert, sagte ein Banksprecher. Mit ihrem Rücktritt wollten sie nunmehr auch Schaden von der Bank abwenden, hieß es.

Schmerzhaft könnte für die Bank vor allem das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Köln werden. Sie prozessiert gerade am Landgericht Bonn gegen zwei frühere Investmentbanker und Hedgefondsmanager wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung; es geht um einen Schaden von fast 400 Millionen Euro. Unter anderem sind die Warburg-Gruppe und die Tochter Warburg Invest am Prozess beteiligt, sie müssen womöglich für einen Teil des Schadens haften. Sowohl die Angeklagten als auch ein Kronzeuge, der im Prozess ausgesagt hat, belasten Warburg schwer: Die Führungsriege der Bank habe genau gewusst, was vor sich gehe. Die Bank habe sich sogar im Handel auf eigene Rechnung an Cum-Ex-Geschäften beteiligt, bei denen sich die Akteure eine nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer durch geschickte Täuschungsmanöver doppelt erstatten ließen. Kaum ein Verhandlungstag vergeht in Bonn, ohne dass die Rolle von Warburg zur Sprache kommt.

Olearius, Max Warburg und die anderen Verdächtigen bei der Bank sind dagegen bislang nicht angeklagt. Das könnte sich nach SZ-Informationen aber bald ändern. Die Staatsanwaltschaft bereitet nach Angaben aus Kreisen von Beteiligten des Bonner Verfahrens weitere Anklagen wegen Cum-Ex vor, darunter eine im Ermittlungskomplex Warburg. Die Verteidigungslinie ist unverändert: Man habe bei allen Geschäften alle Vorschriften eingehalten, heißt es bislang.

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